Ein Klagelied

Im zweiten Lied des Poems heißt es:

Höre, Ben-Zion! Mein Junge, du verstehst ein Ejche-Lied, ein letztes vom letzten, letzten Juden.

Das Buch Ejcho (jiddisch: Ejche) ist das Buch der Klagelieder Jeremia in der hebräischen Bibel. So wird deutlich, dass Katzenelson sein Lied vom ausgemordeten jüdischen Volk als Klagelied versteht. Der Dichter klagt seinem Gegenüber, dem biblischen Gott, seine Trauer, seine Enttäuschung, seine Verzweiflung. Katzenelson erhebt seine Stimme gegen die Sprachlosigkeit und klagt heraus, was die meisten seines Volkes zum Verstummen gebracht hat und indem er klagt, bricht er das Schweigen und belebt seinen Widerstand im Angesicht des Todes.

Biblische Vorbilder

Oft nennt Katzenelson Namen der Propheten: Jeremia, Hesekiel, aber auch von Hiob, also von Menschen, die sich als Mund Gottes verstanden, sich aber dennoch oft von Gott verlassen fühlten.

Im ersten Lied fällt ein Satz, der zweimal vom Propheten Elia gesagt wird: Wenn ich nur übrig blieb. (1.Kön. 18 und 19: Ich bin allein übrig geblieben).

Biblische Bilder

Im ersten Lied weist Katzenelson auf eine Vision des Propheten Hesekiel (Kap.37) hin: das Tal voller Knochen.

Im fünfzehnten Lied erinnert das brennende Ghetto den Dichter an die Wüstenwanderung des Volkes Israel:

Das Ende! Der Himmel flackert in der Nacht. Er wickelt sich in Rauch bei Tag
und zündet sich wieder an bei Nacht!
O Schreck! Unterscheidung wie in der Wüste, wild, bei unserem frühesten Anfang:
Bei Tag die Wolkensäule und hell die Feuersäule bei Nacht –
Mein Volk, es ist in Freude, gestärkt im Glauben, einem jungen Leben entgegengegangen – damals. Und jetzt? Ein Ende – Schluss jetzt!
Man hat uns alle ausgemordet auf der Erde. Von klein bis groß hat man uns allesamt umgebracht!